Renk, Ulrike by Die Frau des Seidenwebers

Renk, Ulrike by Die Frau des Seidenwebers

Autor:Die Frau des Seidenwebers
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-30T18:17:09+00:00


Müde betrat Anna das Haus in der Mühlenstraße, legte ihr Umschlagtuch weg, nahm die Haube ab und ging in die Küche. Tina saß am Tisch und verlas Bohnen.

»Ich habe Euch Essen warm gehalten. Es steht auf dem Herd. Die Kinder habe ich ins Bett geschickt. Wie geht es Madame Katrina?«, fragte Tina.

Anna nahm sich eine Schale Eintopf und setzte sich zu dem Mädchen an den Küchentisch. »Es geht ihr gut. Das Kind ist wunderschön. Große Augen und lange, dunkle Haare.«

Nachdenklich aß sie den Eintopf, ohne etwas zu schmecken. Der dicke Kater strich um ihre Beine, maunzte. Sie hob ihn auf ihren Schoß, kraulte das Tier, das sich wohlig streckte. Plötzlich fiel ihr das Kätzchen ein.

»Ist Fritz auch zu Bett?«

Erschrocken sah Tina sie an. »Fritz? Den habe ich ganz vergessen. Wo ist er denn nur? Ich habe ihn nicht mehr gesehen. Es war so eine Aufregung wegen des Kindes. Euer Onkel schwankte zwischen Freude und Sorge um seine Tochter. Und Wut über seinen Schwiegersohn.«

Anna stand auf, setzte den Kater auf dem Stuhl ab, dann ging sie über den Hof zum Stall. Vorsichtig öffnete sie die Tür, spähte hinein. Es roch intensiv nach Heu und Stroh und dem warmen Geruch von Pferden, diese leichte Süße von gesunden Tieren. Irgendwo in einer Ecke raschelte es, ein Pferd schnaubte leise. Anna schloss die Tür hinter sich. Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Sie ging zum ersten Einstand, dort war ihre Stute. Wegen der sternförmigen Blesse hatte Anna sie Kassiopeia genannt.

»Na, meine Gute.« Anna fischte einen der kleinen, schrumpeligen Äpfel aus dem Trog. Sie waren hart und rochen sehr süß. Das Pferd wieherte leise, schnaubte dann und rieb seine Nüstern an Annas Schulter. Anna gab ihr den Apfel, das Tier nahm ihn vorsichtig mit den großen, weichen Lippen aus ihrer flachen Hand.

Wieder raschelte es in der dunklen Ecke bei den Strohballen. Als Anna dort hinging, meinte sie ein großes Bündel auszumachen. Fritz hockte vor den Strohballen auf der Erde.

»Sie ist weg.« Er zog die Nase hoch.

»Die Katze?«

»Ja, ich habe sie laufen lassen, und sie ist ganz schnell verschwunden, hinter die Strohballen.« Fritz schluchzte leise.

»Sie kommt bestimmt wieder.« Anna zog den Jungen hoch, drückte ihn zärtlich und strich ihm über die Haare, die voller Stroh und Staub waren. »Hast du sie gesucht?«

»Ich bin in jede Ecke gekrochen, war oben auf dem Heuboden, aber ich kann sie nicht finden.«

»Nun lass sie mal erst. Ihr wird alles neu und aufregend vorkommen, aber ich bin mir sicher, sie kehrt zurück.«

»Wie soll ich ohne sie schlafen? Sie hat sich immer zu meinen Füßen zusammengerollt.«

Anna lachte leise. »Das wird schon gehen. Nun komm! Du bist ganz staubig, wir werden dich waschen, dann kannst du etwas essen, und dann wirst du so müde sein, dass du ohne Probleme schläfst.«

Der Junge schüttelte den Kopf, ließ sich aber von ihr mitführen.

Als Anna später nach ihm schaute, schlummerte er friedlich in seinem Bett.



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